ZeddaZogenau - Kommentare

Alle Kommentare von ZeddaZogenau

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    ZeddaZogenau 09.06.2024, 12:36 Geändert 09.06.2024, 12:47

    Lilli PALMER und die Hafenbar von Marseille

    Der französische Schauspieler Jean Pierre AUMONT (1911 - 2001) hatte schon eine stattliche Karriere vorzuweisen, als er für das Regiedebüt seines jüngeren Bruders Francois VILLIERS (1920 - 2009) vor der Kamera stand. AUMONT hatte in HOTEL DU NORD (1938) gespielt, nach dem Krieg in Hollywood gedreht und sollte auch in den kommenden Jahrzehnten im Hollywood-Musical LILI (1953), in der italienischen Slapstick-Komödie ZWEI MISSIONARE / PORGI lALTRA GUANCIA (1974) neben Bud SPENCER und Terence HILL und im Historien-Drama JEFFERSON IN PARIS (1995) von ACADEMY AWARD Winner James IVORY zu sehen sein. Sein Bruder Francois VILLIERS konnte aber auch eine langjährige Karriere als Regisseur starten, die im Jahre 1959 mit dem GOLDEN GLOBE für L`EAU VIVE / WENN DIE FLUT KOMMT gekrönt wurde.

    In HANS LE MARIN (so der französische Originaltitel) spielt er den kanadischen Matrosen Eric, den es nach Marseille verschlägt. Dort verliebt er sich unsterblich in die Animierdame Dolores (Maria MONTEZ). Eines Tages gerät Eric mit den Gangstern Aime (Marcel DALIO) und Victor (Jean ROY) aneinander und wird schwer verletzt. Nach seiner Genesung bleibt er in Marseille und sucht fieberhaft nach der verschwundenen Dolores. Treu an seiner Seite steht ihm die Wahrsagerin Tania (Lilli PALMER), die auch zu ihm hält, als sich seine Wege erneut auf verhängnisvolle Weise mit dem bösen Aime kreuzen. Doch auch Dolores taucht wieder auf. Wird Eric mit einem gefälschten Pass als Hans nach Kanada zurückkehren können?

    Dieses poetische Drama ist sicherlich kein Klassiker des Genres geworden, zeichnet aber ein sehr genaues Bild der düsteren Hafengegend von Marseille. Als Dolores agiert AUMONTs Ehefrau Maria MONTEZ (1912 -1951), die einige Jahre zuvor an der Seite von Jon HALL einige Orient-Abenteuer (ARABISCHE NÄCHTE / ALI BABA UND DIE VIERZIG RÄUBER) für UNIVERSAL PICTURES gedreht hatte. Auch Lilli PALMER (1914 -1986) hatte mit BODY AND SOUL und CLOAK AND DAGGER schon Erfolg in Hollywood gehabt, musste jetzt aber wieder in Europa drehen, da sich ihr damaliger Ehemann Rex HARRISON im Jahre 1948 eine ziemlich peinliche Affäre (mit der durch Selbstmord gestorbenen Carole LANDIS) geleistet hatte. PALMER hat darüber in ihren Erinnerungen DICKE LILLI - GUTES KIND berichtet. Fünf Jahre später sollte Lilli PALMER zu einem der größten Stars der erblühenden westdeutschen Filmindustrie werden. Hier spielte sie eine warmherzige Angehörige des Sinti-und-Roma-Milieus, die verzweifelt um die Liebe von Eric kämpft.

    Ein durchaus sehenswerter Vertreter des poetischen Realismus mit wunderbaren Schauspielern!

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      ZeddaZogenau 09.06.2024, 06:47 Geändert 09.06.2024, 08:19

      Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Genau wie ihr Vater M. Night SHYAMALAN (Jury-Präsident der BERLINALE 2022) hat auch Ishana SHYAMALAN eine Vorliebe für Mystery-Thriller mit Horror-Elementen entwickelt. Sehr interessant ist dabei die lokale Verankerung des Geschehens in der Umgebung der wunderschönen irischen Stadt Galway.

      Die eher einsilbige Amerikanerin Mina (Dakota FANNING) arbeitet in einer Tierhandlung in Galway. Eines Tages erhält sie den Auftrag, einen bestimmten Sittich (Ein Schelm, wer dabei nicht an Tippi HEDREN aus DIE VÖGEL denkt!) zu einem Zoo nach Belfast zu bringen. Unterwegs verfährt sie sich im Wald von Connemara. Dort geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Sie gerät an eine merkwürdige Gruppe um die barsche Madeline (sehr gut: Olwen FOUERE), die in einer Box mit Panorama-Fenster (im Innenraum als Spiegel) lebt und jede Nacht von unheimlichen Kreaturen (The Watchers!) beobachtet wird. Anders als die naive Ciara (Georgina CAMPBELL) und der unbedarfte Daniel (Oliver FINNEGAN) lehnt sich die von einem düsteren Familiengeheimnis geplagte Mina gegen diese Lebensumstände auf...

      Ein typischer SHYAMALAN! Was ist real, was ist vorgetäuscht? Sind außerhalb der Box wirklich Monster unterwegs? Oder ist alles nur Manipulation? Oder vielleicht eine Parabel auf die seit zwei Jahrzehnten so erfolgreichen Big-Brother-Überwachungsshows? Gut an dem Film ist, dass er tatsächlich in der Nähe von Galway spielt und dort auch gedreht wurde. Der irische Horror-Autor A.M. SHINE, der die Vorlage geschrieben hat, ist ein Absolvent der Universität von Galway. Und der Wald im Connemara-Nationalpark spielt die eigentliche Hauptrolle in diesem Film. In Sachen Atmosphäre macht Jung-Regisseurin schon allerhand richtig. Die Charakterzeichnung ist allerdings noch ausbaufähig. Das liegt aber keineswegs an den hervorragenden Schauspielern. Besonders die irische Schauspielerin Olwen FOUERE (im Jahre 1954 geboren) macht ihre Sache sehr gut und ist so etwas wie eine Entdeckung. In einer Nebenrolle ist noch der junge Schauspieler Alistair BRAMMER zu sehen. Und es gibt ein "Found Footage" Wiedersehen mit John LYNCH, den man aus dem CANNES-Klassiker CAL von 1984 (Silberne Palme für Co-Star Helen MIRREN) kennt.

      Der Film ist sicherlich nicht für jedes Publikum geeignet, aber für SHYAMALAN-Komplettisten und Galway-Fans durchaus empfehlenswert!

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        ZeddaZogenau 26.05.2024, 15:14 Geändert 27.05.2024, 18:35

        Das Filmgenre des HEIMATFILMs ist eigentlich das Genre des deutschsprachigen Kinos überhaupt. Vor allem in den 1950er Jahren erlebte der HEIMATFILM nach den Millionen-Erfolgen von SCHWARZWALDMÄDEL (1950) und GRÜN IST DIE HEIDE (1951) eine erneute Blütephase. Umstritten und belächelt wird das Genre bis heute. Doch es gibt auch gute und sehr interessante Beispiele aus diesem Bereich. Der Film WALDWINTER von Wolfgang LIEBENEINER ist ein wiederzuentdeckendes Filmjuwel aus dem HEIMATFILM-Genre.

        Am Anfang sehen wir einen Gottesdienst in einer schlesischen Kirche. Sabine BETHMANN trägt als Pflegetochter Marianne des Barons Malte (Rudolf FORSTER) einen unschuldig-weißen Pelzkragen. Ein furchterregender Klaus KINSKI betatscht während der Andacht ein kleines Mädchen. Plötzlich ist Wehrmachtssoldat Martin (Claus HOLM), ein Enkel des Barons, vor dem Kirchenportal zu sehen. Die Rote Armee rückt immer weiter vor. Der Baron und die Baronin (Helene THIMIG) beschließen, mit dem ganzen Dorf in den Bayerischen Wald zu fliehen. Dort haben die Adligen ein wenig komfortables Jagdschloss, in dem alle erst einmal provisorisch unterkommen können...
        Zehn Jahre später ist aus dem Provisorium ein blühendes Gemeinwesen geworden. Alle haben sich gut im Bayerischen Wald eingelebt, wenn auch die Sehnsucht nach der schlesischen Heimat bestehen bleibt. Mit Glasbläserei und Holzverarbeitung lässt sich auch einiges verdienen, so dass es für die ganze Dorfgemeinschaft reicht. Doch der Verwalter Stengel (Willy A. KLEINAU) und seine durchtriebene Ehefrau (Ilse STEPPAT) haben so ihre eigenen Pläne. Sie möchten gern, dass dort ein großes Hotel entsteht. Da trifft es sich gut, dass Martin nach zehn Jahren in Paris der Familie mal wieder einen Besuch abstattet. In Paris mit der mondänen Französin Simone (Erica BEER) verbandelt, gefällt ihm jetzt auch seine Pflegeschwester Marianne (BETHMANN eben!) ganz gut. Und dann ist da noch die bildhübsche Inge (Susanne CRAMER), die inzwischen mit dem tatschenden Otto (Klaus KINSKI) eine Art von On/Off-Beziehung führt. Für genretypische Komplikationen ist also gesorgt. Es fällt auch ein fast tödlicher Schuss, bei dem die famose Margarete HAAGEN als Kräutermarie zum Einsatz kommt.

        Dieser Film ist wirklich richtig gut gelungen. Tolle Farben, tolle Kostüme, wunderschöne Bilder von der weißen Schneepracht! Gedreht wurde in Viechtach im Landkreis Regen, die Handlung spielt aber angeblich in Falkenstein. In den west-deutschen Kinos wollten 2.876.000 Besucher den Streifen sehen, der als WINTER IN THE WOODS sogar in die USA verkauft werden konnte.
        Von der Mentalität und den Problemen der 1950er Jahre erfährt man durch diesen gut gespielten und effizient geschnittenen Heimatfilm erstaunlich viel. Heimatverlust, Neuanfang, Tradition und Kommerzialisierung sind Themen, die mit gut geschriebenen Charakteren zum Leben erweckt werden. Der Film ist wie ein sehr unterhaltsamer Ausflug in die frühen Jahre des Nachkriegsdeutschlands. Sehr gelungen!
        Die Schauspieler sind alle hervorragend! Neben Klaus KINSKI ist mit Gert FRÖBE ein weiterer zukünftiger Weltstar zu sehen. Schade, dass die tolle Sabine BETHMANN wegen anderweitiger Vertragsverpflichtungen die ihr angebotene weibliche Hauptrolle neben Kirk DOUGLAS in SPARTACUS nicht wahrnehmen konnte. Ilse STEPPAT konnte kurz vor ihrem Tod noch als Bond-Bösewichtin in IM GEHEIMDIENST IHRER MAJESTÄT (1969) in die Filmgeschichte eingehen. Die ebenfalls zu früh verstorbene Susanne CRAMER (1936 - 1969) sollte in Hollywood zu einer vielbeschäftigten Seriendarstellerin (BONANZA) werden. Claus HOLM war in jenen Jahren der kernige deutsche Schauspieler (DER TIGER VON ESCHNAPUR) schlechthin. Und die drollige Margarete HAAGEN kennt man aus der erfolgreichen Trilogie um DIE MÄDELS VOM IMMENHOF.

        Wahrlich ein kleines HEIMATFILM-Juwel aus der Blütephase der westdeutschen Filmindustrie!

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          ZeddaZogenau 26.05.2024, 06:04 Geändert 26.05.2024, 11:16

          Nach einer Vorlage von Christiane ROCHEFORT inszenierte der französische Meisterregisseur Henri Georges CLOUZOT (LOHN DER ANGST / DIE TEUFLISCHEN) dieses brillante Gerichtsdrama. Und mit der Besetzung von Brigitte BARDOT als Mordangeklagte gelang ihm ein unerhörter Coup. BB war mit ihren als seichte Sexkomödien konzipierten Filmen inzwischen zu einem französischen Exportartikel geworden, als Schauspielerin ernstgenommen wurde sie dadurch aber nicht. Das änderte sich mit dieser Rolle.

          Die junge Dominique (Brigitte BARDOT) wird des Mordes an ihrem Geliebten Gilbert (Sami FREY) angeklagt. In Rückblenden wird aufgeschlüsselt, wie das Leben von Dominique bisher verlaufen ist. Von den Eltern gegenüber der angepassten Schwester (Marie Jose NAT) zurückgesetzt, flieht Dominique geradezu in die Großstadt. Sie führt ein Leben in absoluter Freiheit und sexueller Selbstbestimmung. Wie so viele junge Menschen in ihrer Generation. Dabei lernt sie Gilbert kennen, der eigentlich mit ihrer Schwester Annie zusammen ist. Eine verhängnisvolle Leidenschaft nimmt ihren Lauf...

          Der Mordprozess wird von CLOUZOT brillant in Szene gesetzt. Im Grunde steht BB selbst als Angeklagte vor Gericht. Und zwar als Teil ihrer Generation, die freigeistig, in sexueller Selbstbestimmung und mit ganz viel Lebensfreude das eigene Leben zu gestalten versucht. Das kann den alten Herren der Gesellschaft natürlich nicht gefallen. Charles VANEL (bekannt aus LOHN DER ANGST) als Verteidiger und Paul MEURISSE (bekannt aus DIE TEUFLISCHEN) als Ankläger stehen für diese Generation. Besonders bedrückend ist das Spiel von Paul MEURISSE. Wenn man ihn als ultra-fiesen Schulleiter in DIE TEUFLISCHEN gesehen hat, wirkt sein heuchlerisch-bigottes Auftreten in DIE WAHRHEIT noch beklemmender.

          Brigitte BARDOT ist in diesem Film eine Naturgewalt. Sie spielt voller Lebenslust, aber auch mit einer großen Verletzlichkeit. Dabei ist sie in ihrer Rolle wahrlich kein Sympathieträger, aber eine überzeugende Streiterin für individuelle Freiheit für ihre Generation. Das schließt aber auch mit ein, dass derartige Lebensentwürfe richtig böse scheitern können. Für ihre großartige Darstellung wurde Brigitte BARDOT mit dem italienischen Filmpreis DAVID di DONATELLO ausgezeichnet. Der Film selbst erhielt im Jahre 1961 eine ACADEMY AWARD Nominierung und wurde mit einem GOLDEN GLOBE ausgezeichnet.
          Auch mit nunmehr fast 90 Jahren (ihren Geburtstag feiert die BILLANCOURT-Vedette im kommenden September) mischt sich die BARDOT noch immer ein. So hat sie jüngst der tapferen israelischen Sängerin Eden GOLAN einen offenen Brief geschrieben und ihr zu ihrem Auftritt gratuliert, der beim EUROVISION Song Contest in Malmö von einem Teil des Publikums übelst ausgebuht wurde.

          Sowohl in Frankreich (5,6 Mio. Besucher) als auch in West-Deutschland (3 Mio. Besucher) war DIE WAHRHEIT ein enormer Publikumserfolg im Kino. Und auch heute noch ist dieser Film absolut sehenswert: als spannendes Gerichtsdrama und als erhellendes Porträt einer Generation, die noch mit ganzer Kraft um ihre Freiheiten kämpfen musste.

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            ZeddaZogenau 19.05.2024, 13:05 Geändert 19.05.2024, 13:11

            Fünf Jahre nach ihrem phänomenalen Hollywood-Debüt mit MAROKKO (ACADEMY AWARD Nominierung für Marlene!) ging die DIETRICH erneut in die Wüste. Dieses Mal aber sogar in den Farben von TECHNICOLOR und nicht für ihr Heimatstudio PARAMOUNT PICTURES, sondern für den unabhängigen Produzenten SELZNICK INTERNATIONAL. Die erzählte Geschichte beruhte auf einem Roman von Robert SMYTHE HICHENS und wurde von Richard BOLESLAWSKI in Szene gesetzt.

            Die fromme Domini Enfilden (Marlene DIETRICH) erbt nach dem Tod ihres Vaters ein gewaltiges Vermögen. Erschöpft von der langjährigen Pflege, weiß die junge Frau nichts mit ihrem weiteren Leben anzufangen. Auf Anraten von Mutter Oberin Josephine (Lucille WATSON), die sie erzogen hat, geht Domini in die Sahara, um mit Hilfe von Exerzitien den Sinn des Lebens zu erfahren. Dort lernt sie Boris Androvsky (Charles BOYER) kennen, den aber ein großes Geheimnis umgibt. Erst nach der Hochzeit mit ihm erfährt die gottesfürchtige Domini, dass sie mit einem entlaufenen Trappistenmönch verheiratet ist. Nach einigem Hin und Her fassen beide einen folgenschweren Entschluss...

            Im Hollywood nach der Pre-Code-Ära konnten wieder Filme voller religiöser Inbrunst gedreht werden. Unglaubwürdig und nah am Kitsch, aber in wunderschönen Farben und gewaltigen Bildern der Wüste bei Yuma. Mit ihrem Filmpartner Charles BOYER (vier ACADEMY AWARD Nominierungen) hat sich Marlene DIETRICH wohl nicht sonderlich gut verstanden. Auch setzten der überteuerten Produktion schwere Sandstürme zu.
            In weiteren Rollen sieht man den späteren Sherlock-Holmes-Darsteller Basil RATHBONE (zwei ACADEMY AWARD Nominierungen) und John CARRADINE. Eine sehr vergnügliche Rolle hat der in Wien geborene ACADEMY AWARD Winner Joseph SCHILDKRAUT (im Jahre 1938 wurde er für seine Rolle als Alfred Dreyfus in THE LIFE OF EMILE ZOLA ausgezeichnet) als Batouch inne. Im Jahre 1960 spielte Joseph SCHILDKRAUT auch noch den Vater von Anne Frank (in THE DIARY OF ANNE FRANK), wofür er eine GOLDEN GLOBE Nominierung erhielt. Als Tänzerin ist in einer kleinen Rolle die Wienerin Tilly LOSCH (1903 - 1975) zu entdecken.
            Für die wunderschöne Musik wurde der Wiener Komponist Max STEINER (1888 - 1971) mit einer ACADEMY AWARD Nominierung bedacht.

            DER GARTEN ALLAHS ist ganz sicher nicht der stärkste Film in der langen Karriere von Marlene DIETRICH! Aber man kann die schöne Berlinerin in Farbe und auf dem Höhepunkt ihres Ruhms erleben. Allein das ist eine Sichtung wert, was vor einigen Jahren auch die BERLINALE erkannt hat, als sie diesen ästhetisch beeindruckenden Film im Rahmen einer Retrospektive erneut auf die ganz große Leinwand brachte.

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              Wie bekannt die zweifache GOLDEN GLOBE Nominee Lilli PALMER (im Jahre 1960 war sie für die Hollywood-Komödie BUT NOT FOR ME und 1987 für die Mini-Serie PETER THE GREAT nominiert) auch international gewesen ist, zeigt sich an diesem spanischen Schocker (im Giallo- und Slasher-Stil) aus dem Jahre 1969. Und noch eine Kontinuität: Wie schon in MÄDCHEN IN UNIFORM (1958) mit Romy SCHNEIDER spielt PALMER auch hier wieder eine Internatslehrerin, allerdings in einer bösartigen Weiterentwicklung ihrer Rolle im westdeutschen Klassiker.

              Senora Fourneau (Lilli PALMER) ist die respektgebietende Leiterin eines Mädcheninternats, in dem so manches nicht mit rechten Dingen zugeht. Die aufblühenden jungen Damen werden mit strenger Hand zu Zucht und Ordnung angehalten. Aber der Schein trügt. Untereinander herrscht ein rüder Umgangston, Mobbing ist quasi Pflicht! Den eigenen Sohn (John MOULDER-BROWN) versucht die gestrenge Schulleiterin von den moralisch verwahrlosten jungen Damen so gut es geht fernzuhalten. Das gelingt natürlich nicht. Schülerinnen verschwinden spurlos, das in die Jahre gekommene Gebäude pfeift auf dem letzten Loch. Da kommen einige Schülerinnen (Cristina GALBO, Mary MAUDE und Maribel MARTIN) einem bizarren Geheimnis auf die Spur...

              Dieser bemerkenswerte Grusel-Schocker lockte 2.924.836 Besucher in die spanischen Kinos. Das lag wohl vor allem an den ausgiebigen Dusch-Szenen der bezaubernden jungen Damen. Aber auch Lilli PALMER macht ihre Sache gewohnt sehr gut. John MOULDER-BROWN sollte im Jahre 1982 als FELIX KRULL in der Mini-Serie vom damals noch westdeutschen Fernsehsender ZDF zu sehen sein.

              Richtig guter Schocker aus Spanien, der späteren Filmen des Giallo- und Slasher-Genres als Vorbild gedient hat!

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                ZeddaZogenau 18.05.2024, 15:39 Geändert 18.05.2024, 15:53

                Rom steht in Flammen! Irgendwo in der Nähe der italienischen Hauptstadt brennt es. Über der Ewigen Stadt liegt eine unerträgliche Hitze, als Vasco (Adriano GIANNINI) für seine beiden Söhne Pasta zubereitet. Seine Augen wandern aber immer wieder zum Tablet, auf dem Bilder einer merkwürdigen Party zu sehen sind. Dort ist der 16 Jahre alte Manuel (Gianmarco FRANCHINI), der sich gerade eben noch um seinen alzheimerkranken Vater (Toni SERVILLO) gekümmert hat, in irgendeiner seltsamen Mission unterwegs. Durch den Waldbrand in der Nähe gibt es immer wieder kurze Stromausfälle. Die Geschehnisse auf der Party werden immer obszöner. Bald wird klar, dass Manuel dort nicht freiwillig ist. Er will einfach nur raus. Aber in der erbramungslosen Stadt Rom kannst Du in manchen Kreisen ohne die richtigen Leute nicht überleben. In Manuels Fall sind das alte Kumpel seines Vaters (Valerio MASTANDREA als Pol Niuman und Pierfrancesco FAVINO als Cammello). Mitv diesen Urgesteinen des römischen Verbrechens kann es Manuel mit seinen Erpressern aufnehmen...

                Regisseur Stefano SOLLIMA lässt sein Publikum erst nach und nach die komplexen Hintergründe seiner Geschichte entschlüsseln. In wunderschönen Bildern der Stadt Rom, die selbst nachts vor Hitze flimmern, erleben wir eine moderne Verbrechergeschichte mit den ewig neuen Zutaten Korruption, Erpressung, Mord und verlorener Ehre. Meisterhaft inszeniert!
                Zwei Mega-Stars des italienischen Kinos liefern eine absolute Glanzvorstellung ab. Pierfrancesco FAVINO (EUROPEAN FILM AWARD Nominee 2019 für IL TRADITORE und 2022 für NOSTALGIA) und Toni SERVILLO (EUROPEAN FILM AWARD Winner 2008 für IL DIVO und 2013 für LA GRANDE BELLEZZA) könnten in die Jahre gekommene Wiedergänger aus den Blütezeiten des italienischen Gangsterfilms der 1970er und 1980er Jahre sein. Dabei kommt es sogar zu einem cleveren Zitat aus dem Hollywood-Klassiker DIE ÜBLICHEN VERDÄCHTIGEN (1995), über das allerdings nicht zu viel verraten werden sollte.
                Als Sohn von ACADEMY AWARD Nominee Giancarlo GIANNINI (im Jahre 1977 für PASQUALINO SETTEBELLEZZE nominiert) kennt sich Adriano GIANNINI mit den Genre-Meisterwerken der CINECITTA sicherlich bestens aus. Mit Filmen, die schon Stefano SOLLIMAs Vater Sergio SOLLIMA hätte inszeniert haben können. Außerdem hat Adriano GIANNINI vor 20 Jahren ja auch Mega-Star MADONNA in SWEPT AWAY (2002) zähmen können. Hier spielt er einen treusorgenden Vater, der es mit seiner überbordenden Fürsorgepflicht allzu sehr übertreibt und auch noch zwei Kollegen (Francesco Di LEVA und Lorenzo ADORNI) in den Höllenschlund des Verbrechens zieht.

                Im Jahre 2015 hat Regisseur Stefano SOLLIMA schon mit dem italienischen Gangsterfilm SUBURRA schwer beeindruckt. Danach war er reif für Hollywood: SICARIO: DAY OF THE SOLDADO (2018) und WITHOUT REMORSE (2021). Nach dem Geldverdienen konnte er jetzt wieder in Italien ein Genre-Meisterwerk abliefern. Die Geduld hat sich ausgezahlt. Im Jahre 2023 war SOLLIMA mit seinem bemerkenswerten Genrefilm im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig vertreten. In meinen Augen ein Ritterschlag, der auch noch all die Filme des POLIZIOTTESCHI-Genres der 1970er und 1980er Jahre mitwürdigt!

                Im Box OFFICE vermochte der Film nur 1.225.737 USD (Quelle: IMDb) umzusetzen. Mögen ihm im Programm des Streaming-Giganten NETFLIX mehr Zuschauer beschieden sein!!!

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                  ZeddaZogenau 17.05.2024, 20:07 Geändert 18.05.2024, 08:19

                  Als die österreichische Schriftstellerin Elfriede JELINEK im Jahre 2004 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, kam das zu der Zeit schon etwas überraschend. Dabei war die Autorin auch in anderssprachigen Ländern sehr bekannt, und ihre zahlreichen Werke lagen in verschiedenen Übersetzungen vor. In Österreich selbst hatte sie sich da schon weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

                  Zwischen 1985 und 1995 sah das noch ganz anders aus. Als Fernsehzuschauer hatte man in jenen Jahren den Eindruck, das öffentliche Leben im Nachbarland Österreich sei ohne "die JELINEK" (siehe auch ein entsprechendes Lied der Musikgruppe WANDA) gar nicht mehr denkbar. Angefangen hatte alles ab Mitte der 1960er Jahre, als Elfriede JELINEK vor allem durch Experimente mit Sprache und Literatur in Erscheinung getreten ist. Im vorliegenden Dokumentarfilm über ihr Wirken wird das sehr schön an ihrem Abarbeiten an den Schlagertexten des EUROVISION-Siegers Udo JÜRGENS (für Österreich gewann er im Jahre 1966 den EUROVISION Song Contest mit MERCI, CHERIE!) deutlich. In den 1970er Jahren war sie auch als Übersetzerin tätig. So übertrug sie den Jahrhundertroman DIE ENDEN DER PARABEL von Thomas PYNCHON ins Deutsche. Anfang der 1980er Jahre folgte ihr wohl bester Roman DIE KLAVIERSPIELERIN, der 20 Jahre später von ACADEMY AWARD Winner Michael HANEKE erfolgreich verfilmt wurde.

                  Richtig (skandal-)berühmt wurde JELINEK allerdings erst im Jahre 1985, als sie im Theaterstück BURGTHEATER die Beteiligung der ikonischen Schauspielerin Paula WESSELY am NS-Propaganda-Film HEIMKEHR (1941) zum Thema machte. Von da an gab es kein Halten mehr. Geradezu verbissen stritten sich die beiden Literaturkritiker Sigrid LÖFFLER und Marcel REICH-RANICKI im deutschen Fernsehsender ZDF über JELINEKs Roman LUST. Die Gespenster der Vergangenheit ließ sie zombiehaft in DIE KINDER DER TOTEN wiederauferstehen. Ebenso ein lesenswertes Werk dieser bemerkenswerten Autorin.

                  Auch nach dem Nobelpreis blieb Elfriede JELINEK weiterhin sehr produktiv. Noch heute zählt sie zu den meistgespielten zeitgenössischen Dramatikerinnen der deutschsprachigen Theaterlandschaft. Da liegt es nahe, ihr einen aufschlussreichen Dokumentarfilm zu widmen. Die wahre Bedeutung dieser Schriftstellerin ist in ihren erhellenden Texten zu finden. Ein JELINEK-Stück in einem deutschsprachigen Theater zu erleben, ist und bleibt ein Ereignis. Lust darauf zu entfachen, ist ein Verdienst dieser Dokumentation.

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                    ZeddaZogenau 13.05.2024, 19:28 Geändert 13.05.2024, 19:30

                    Im Jahre 1992 erinnerte der deutsche Regisseur Helmut DIETL in seinem Welterfolg SCHTONK! (ACADEMY AWARD Nominierung 1993) nicht nur an die gefälschten Hitler-Tagebücher, sondern auch an die Operetten-Seligkeit des großen deutschen Filmkonzerns UFA. "Das gibts nur einmal, das kommt nicht wieder" trällerte die unvergessene Lilian HARVEY im opulenten Operettenfilm DER KONGRESS TANZT von Erik CHARELL aus dem Jahre 1931.

                    Christel Weinzinger (Lilian HARVEY) ist ein ganz gewöhnliches Wiener Madel, das zur Zeit des Wiener Kongresses (1815) zufällig beim Heurigen auf Zar Alexander von Russland (Willy FRITSCH) trifft und mit diesem Weltenherrscher ein paar schöne Tage in Wien verbringt. Eine belanglose Geschichte, die aber so sinnenfroh und funkensprühend erzählt wird, dass sie noch immer zu den Klassikern des deutschsprachigen Unterhaltungsfilms gehört. Zum Liebesgeplänkel gehört ein geheimnisvolles Zarendouble (natürlich auch Willy FRITSCH), ein eifersüchtiger Verlobter (Carl Heinz SCHROTH) und natürlich der legendäre Fürst Metternich (Conrad VEIDT). Herrlich, wie der umtriebige Fürst ein Abhörsystem installiert hat, durch das er immer bestens informiert ist. Die Herren aus dem Silicon Valley scheinen bei ihm in die Lehre gegangen zu sein. In weiteren Rollen sind Lil DAGOVER, Adele SANDROCK und Otto WALLBURG, der im Jahre 1944 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde, zu sehen. Was für eine Schande!
                    Einen besonders schönen Auftritt hat Paul HÖRIGER als Heurigensänger in Grinzing. Dort ein Glaserl Wein zu verkosten, sollte bis in unsere Tage zum Standardprogramm eines jeden Wien-Besuchs zählen.

                    Dieser im STUDIO BABELSBERG gedrehte Klassiker sollte jedem Filmfreund ein Begriff sein, auch wenn er in wenigen Jahren seinen 100. Geburtstag wird feiern können. Spätestens wenn Lilian HARVEY zu den Tönen von "Das gibts nur einmal" ihren Triumphzug durch Wien antreten darf, bleibt kein Auge trocken.

                    Carl Heinz SCHROTH (1902 - 1989), der ihren vernachlässigten Verlobten spielt, erlebte ab Weihnachten 1982 ein wunderbares Fernseh-Comeback, als er im damals westdeutschen Fernsehsender ZDF an der Seite von Brigitte HORNEY (1911 - 1988) bis 1989 mehrere Folgen der Serie JAKOB UND ADELE drehte.

                    Conrad VEIDT (1893 - 1943) wurde nach seiner Flucht aus NS-Deutschland auch in der anglo-amerikanischen Welt ein Superstar. So spielte er in den Klassikern DER DIEB VON BAGDAD (1940) und CASABLANCA (1942).

                    Und Lilian HARVEY war im deutschsprachigen Raum der allergrößte Star der 1930er Jahre. EIN BLONDER TRAUM und GLÜCKSKINDER sind weitere Filme, die sie an der Seite von Willy FRITSCH drehte.

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                      ZeddaZogenau 11.05.2024, 17:12 Geändert 11.05.2024, 17:20

                      Seine besten Filme hatte der französische Regisseur Yves ALLEGRET im Jahre 1958 sicherlich schon hinter sich. Zehn Jahre zuvor hatte er mit seiner damaligen Ehefrau Simone SIGNORET den Klassiker DIE SCHENKE ZUM VOLLMOND / DEDEE dANVERS (1948) gedreht. Ein französisches Meisterwerk der Schwarzen Serie! Aber nun setzte er Hildegard KNEF als MÄDCHEN AUS HAMBURG in Szene.

                      Der Seemann Pierre (Daniel GELIN) ist mit seinem Schiff erneut in Hamburg. Fünfzehn Jahre zuvor war er im Hamburger Hafen als Kriegsgefangener ausgebeutet worden. Dabei lernte er ein junges Mädchen namens Maria (Hildegard KNEF) kennen, das ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf gegangen war. Sogleich macht er sich beim Landgang mit seinem Kumpel (Jean LEFEBVRE) auf die Suche nach der lange nicht gesehenen Schönheit. Und tatsächlich wird Pierre fündig: Im Vergnügungsviertel St. Pauli erkennt er Maria in einer vulgären Schlamm-Catcherin wieder. Die Jahre sind vergangen, und was sich verändert hat, ist nicht unbedingt schön und lieblich. Maria ist nebenbei nämlich noch als Animierdame tätig und geht für ihren Zuhälter auf den Strich. Nichts ist mehr so, wie es der verklärte Blick in die Vergangenheit vermuten ließ. Doch auch für Pierre lief nicht alles rund, seine Ehe in Frankreich ist so gut wie gescheitert. Die beiden desillusionierten Mittdreißiger kommen sich trotz anfänglicher Bedenken näher. Ein Neuanfang scheint möglich, doch in einem Film der Schwarzen Serie kann es natürlich nicht mit einem Happy End ausgehen...

                      Vom legendären französischen Filmstudio PATHÈ produziert, ist dieser Film doch eine zum größten Teil deutsche Produktion. Viel Lokalkolorit aus Hamburg, die wirtschaftswunderliche Entwicklung des Hafens nach dem verlorenen Weltkrieg ist ein wichtiger Bestandteil der Handlung.
                      Hildegard KNEF (1925-2002) parliert auf Deutsch und auf Französisch. Nach dem Ende ihrer Broadway-Karriere mit SILK STOCKINGS fasste die Schauspielerin allmählich wieder Fuß in der westdeutschen Filmindustrie. Ein Jahr später wurde sie für ihre Nebenrolle in DER MANN, DER SICH VERKAUFTE (1959) mit dem GERMAN FILM AWARD ausgezeichnet. Für Hildegard KNEF selbst gehörte DAS MÄDCHEN AUS HAMBURG zu ihren fünf Lieblingsfilmen aus dem eigenen Werk. Das ist sehr nachvollziehbar!
                      Auch Daniel GELIN (1921-2002) kann man einige Sätze auf Deutsch sagen hören. Man kennt den Schauspieler aus dem Hitchcock-Klassiker DER MANN, DER ZUVIEL WUSSTE (1956) mit Doris DAY und James STEWART. Im Jahre 1989 war er im damals noch westdeutschen Fernsehsender ZDF einige Folgen lang als französischer Liebhaber von Gräfin Guldenburg (Christiane HÖRBIGER) in der beliebten Familienserie DAS ERBE DER GULDENBURGS zu sehen.

                      Yves ALLEGRET (1905-1987) ist ein wunderschöner Film Noir gelungen, der stimmig und stimmungsvoll in die Hafenstadt Hamburg der späten Fünfzigerjahre versetzt wurde. Kurz nach seinem Tode wurde der Regisseur mit dem CESAR FILM AWARD (h.c.) ausgezeichnet.

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                        ZeddaZogenau 10.05.2024, 17:50 Geändert 11.05.2024, 06:27

                        Mit diesem Gruselkrimi aus der beliebten deutschen Edgar-Wallace-Filmreihe wurden einige wichtige Änderungen etabliert. Zum ersten Mal war das ikonische Intro mit der Begrüßung durch Edgar Wallace zu sehen und zu hören. Außerdem war dies der erste Wallace-Krimi, der im ULTRASCOPE-Verfahren gedreht wurde. Neben bewährten Kräften wie Heinz DRACHE als Inspektor, Eddi ARENT als trotteliger Journalist und Klaus KINSKI als Irrer vom Dienst gaben Publikumslieblinge wie Barbara RÜTTING, Günter PFITZMANN und Agnes WINDECK ihr Debüt im WALLACE CINEMATIC UNIVERSE.

                        Seit Jahren macht ein als ZINKER bekannter durchtriebener Hehler London unsicher, indem er Konkurrenten und Feinde mit dem Gift der Schwarzen Mamba ins Jenseits befördert. Zum Glück bekommt der Inspektor Zugang zu der Tierhandlung von Nancy Mulford (Agnes WINDECK), in der einiges anscheinend nicht mit rechten Dingen zugeht. Nichte Beryl (Barbara RÜTTING) und Geschäftsführer Frank (Günter PFITZMANN) tappen auch ziemlich im Dunkeln, bis immer mehr Morde geschehen...

                        Dieser Gruselkrimi lebt ganz besonders von seiner prägnanten Besetzung. Vor allem Agnes WINDECK gibt einen bemerkenswerten Einstand: Mit dieser alten Dame sollte man sich keineswegs anlegen. Die beiden GERMAN FILM AWARD Winner Barbara RÜTTING (im Jahre 1953 für DIE SPUR FÜHRT NACH BERLIN ausgezeichnet) und Klaus KINSKI (im Jahre 1979 für NOSFERATU prämiert) werten sowieso jede Produktion auf. Die fabelhafte Inge LANGEN spielt eine feine Schlüsselrolle und Siegfried SCHÜRENBERG läuft sich als Verleger Sir Geoffrey schon einmal für den gehobenen Polizeidienst warm. Günter PFITZMANN konnte man bis zu diesem Film noch kaum in Kino-Hauptrollen sehen, da er zu der Zeit ein vielbeschäftigter Theaterschauspieler (MY FAIR LADY) war. Ab 1987 wurde er zum Hauptdarsteller in der beliebten Familienserie PRAXIS BÜLOWBOGEN des damals noch westdeutschen Fernsehsenders ARD.

                        Aus der Wallace-Vorlage THE SQUEAKER haben Produzent Horst Wendlandt und Regisseur Alfred VOHRER wieder so einiges herausgeholt. In den westdeutschen Kinos wollten den Film damals 2.900.000 Besucher (Quelle: InsideKino) sehen, etwas weniger als DAS GASTHAUS AN DER THEMSE im Jahr zuvor.

                        Sehr sehenswert!

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                          ZeddaZogenau 09.05.2024, 14:20 Geändert 09.05.2024, 14:35

                          Alles über Jessie

                          Ganz ähnlich wie Anne BAXTER im Hollywood-Klassiker ALLES ÜBER EVA sich unter einem fadenscheinigen Vorwand an die ach so verehrte Bette DAVIS als Broadway-Starschauspielerin heranschleimt, so ist es in CIVIL WAR die junge Fotografin Jessie (Cailee SPAENY), die sich an die angeblich von ihr bewunderte Kriegsfotografin Lee (Kirsten DUNST) heranmacht. Doch anders als Bette DAVIS in ALLES ÜBER EVA durchschaut Kirsten DUNST das intrigante Spiel von Anfang an und lässt es nach kurzem Widerstand dann auch geschehen. Die beiden Frauen in CIVIL WAR gehen schließlich einem Gewerbe nach, das ohne einen gewissen Killer-Instinkt für den MONEY SHOT, also das perfekte Foto zur richtigen Zeit, nicht zu bewältigen ist.

                          Der Film katapultiert das Publikum in eine USA der ganz nahen Zukunft. Ein faschistoid angehauchter US-Präsident (Nick OFFERMAN) hat sich selbst eine dritte Amtszeit genehmigt und verschanzt sich jetzt im Weißen Haus. Eine von Kalifornien und Texas angeführte Weststaaten -Allianz rückt immer weiter auf Washington, DC vor, um diesen Präsidenten mit Gewalt zu stürzen. Das Land befindet sich in einem nicht ausführlich erklärten Bürgerkrieg, der unendlich viel Grausamkeit, aber auch Inseln von bizarrer Friedhofsruhe hervorbringt.

                          Die Kriegsfotografin Lee will mit ihrem Journalisten-Kollegen Joel (Wagner MOURA) ein letztes Interview mit dem todgeweihten Präsidenten führen. Dazu müssen sie von New York City aus durch ein vom Bürgerkrieg verwüstetes Gebiet bis nach DC durchqueren, was unter diesen Bedingungen wahrlich kein Sonntagsausflug ist. Neben dem Neuling Jessie haben sie dabei auch die Reporter-Legende Sammy (Stephen Mc Kinley HENDERSON) mit an Bord. Was diese vier Journalisten auf ihrer Reise ins Herz der amerikanischen Finsternis erleben, ist wahrlich nichts für schwache Nerven.

                          Sehr lange schon hat es keinen mehr so durchschlagenden Polit-Thriller wie CIVIL WAR gegeben. Regisseur, ACADEMY AWARD Nominee (im Jahre 2016 für EX MACHINA nominiert) und Bestseller-Autor Alex GARLAND (THE BEACH) hat hier für das Independent-Juwel A24 einen herausragenden Schocker abgeliefert. Die Hauptdarsteller Kirsten DUNST (ACADEMY AWARD Nominee 2022 für THE POWER OF THE DOG / Dilberne Palme 2011 für MELANCHOLIA), Wagner MOURA (Goldener Bär 2008 für den brasilianischen Klassiker TROPA DE ELITE) und Cailee SPAENY (Coppa Volpi 2023 für PRISCILLA (PRESLEY)) sind allesamt überragend. Die übelste Szene des Films wird von DUNSTs Ehemann Jesse PLEMONS (ACADEMY AWARD Nominee 2022 für THE POWER OF THE DOG) mit roter Sonnenbrille dominiert. Seit seinem Auftritt in der fünften Staffel von BREAKING BAD war PLEMONS wohl nicht mehr so furchterregend wie hier in CIVIL WAR. Meisterhaft!

                          Diesen Film, der im weltweiten Box Office (Stand: 08.05.2024) schon über 100 Millionen USD (Quelle: IMDb) eingespielt hat, sollte man unbedingt noch auf der großen Leinwand erleben. Das wird ein bitteres Vergnügen, es ist aber notwendig!

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                            ZeddaZogenau 01.05.2024, 08:45 Geändert 01.05.2024, 09:16

                            Im Jahre 1961 kam dieser bemerkenswerte britische Film von Guy GREEN (1948 mit dem Kamera - OSCAR für GREAT EXPECTATIONS von David LEAN ausgezeichnet) in die Kinos, nachdem er bei den Filmfestspielen von Cannes für die Goldene Palme nominiert worden war.

                            Jim Fuller (Stuart WHITMAN) kommt nach einer dreijährigen Haftstrafe frei und fängt in einer fremden Stadt ein neues Leben an. Hilfe bekommt er von seinem Psychoanalytiker (Rod STEIGER) und einem eingeweihten Chef (Donald WOLFIT, kennt man als Hypnotiseur von Hildegard KNEF in SVENGALI (1954)). Schon bald läuft alles sehr gut. Er findet ein möbliertes Zimmer bei dem netten, wenn auch manchmal etwas aufdringlichen Ehepaar Cartwright (Brenda DeBANZIE und Maurice DENHAM), kommt gut bei der Arbeit zurecht und lernt die dort arbeitende Chefsekretärin Ruth (Maria SCHELL) bald näher kennen. Doch die Dämonen der Vergangenheit lassen Jim nicht völlig los. Durch eine unglückliche Kindheit stark verunsichert, geriet er in den Verdacht, ein Kind belästigt zu haben, wofür er dann auch die Haftstrafe antreten musste. Als durch die skrupellose Aktion eines Boulevardjournalisten (Donald HOUSTON) alles herauskommt, droht die Situation zu eskalieren...

                            Der Film nach dem gleichnamigen Roman von Charles E. ISRAEL behandelt also ein Thema, das auch mehr als 60 Jahre später noch als Zündstoff gelten dürfte. Im Grunde wird mit sehr viel Feingefühl und Genauigkeit ein psychoanalytischer Heilungsprozess zum Thema gemacht, der dem Publikum sicherlich einiges abverlangt. Manches davon mag inzwischen sicherlich überholt sein, aber allein der Mut, diesen Film zu drehen, beeindruckt sehr.
                            Die schauspielerischen Leistungen sind allesamt grandios! Stuart WHITMAN, der für Richard BURTON eingesprungen war, spielt den Haftentlassenen mit kanadischem Hintergrund so überzeugend, dass er im Jahre 1962 für einen ACADEMY AWARD nominiert war.
                            ACADEMY AWARD Winner Rod STEIGER (im Jahre 1968 für IN DER HITZE DER NACHT ausgezeichnet), für Trevor HOWARD eingesprungen, spielt den mit viel Verständnis und Wohlwollen gesegneten Psychoanalytiker sehr gut. Es ist schon erstaunlich, welche enorme Bandbreite dieser Ausnahme-Schauspieler in seiner langen Karriere gezeigt hat.
                            BAFTA AWARD Nominee Maria SCHELL (1954 für DAS HERZ ALLER DINGE und 1957 für GERVAISE nominiert) überzeugt als verwitwete Alleinerziehende, die darüber hinaus auch berufstätig ist. Auch das für die damalige Zeit sehr bemerkenswert! Ihre Ruth Leighton wird als gebürtige Schweizerin gezeigt, die nach dem Krieg in England Arbeit und die große Liebe gefunden hat. Die vor allem im deutschsprachigen Raum oftmals als "Seelchen" unterschätzte Ausnahme-Schauspielerin Maria SCHELL spielt das mit einer Selbstverständlichkeit, die beeindruckend ist.

                            Wegen der Brisanz des Themas wurde der Film übrigens in Irland gedreht, was erst einmal ziemlich überraschend klingt. In West-Deutschland wurde der brisante Film mit Publikumsliebling Maria SCHELL immerhin von 304.000 Besuchern (Quelle: InsideKino) gesehen, was einem Box Office von umgerechnet 234.080 €URO entspricht.

                            Als ihr Spielpartner Stuart WHITMAN im Jahre 1962 für den ACADEMY AWARD nominiert wurde, musste Maria SCHELL eine schwere Entscheidung treffen. In derselben Kategorie war schließlich auch ihr kleiner Bruder Maximilian SCHELL für DAS URTEIL VON NÜRNBERG nominiert. SCHELL gewann den OSCAR, der Rest ist Geschichte!

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                              Nicht umsonst gilt Otto Lehmann (Victor BUONO) als bester Fleischer von ganz Wien. Allerdings kann er auch ziemlich jähzornig sein und musste auf Betreiben seiner Ehefrau Hanna (Karin FIELD) schon mal in die Psychiatrie. Wieder zu Hause wird es mit dem als geheilt entlassenen Mann keineswegs besser. Als seine Frau ihren Mann dabei erwischt, wie er heimlich die prallbusige Berta (Franca POLESELLO) in der Nachbarschaft beobachtet, gibt es kein Halten mehr. Die nörgelige Ehefrau wird kurzerhand erwürgt und zu Brühwurst verarbeitet. Wie gut, dass Wien einen findigen Reporter wie Mike Lawrence (Brad HARRIS) hat, der den bald folgenden Vermisstenfällen hinterherrecherchiert! Zumal der stramme Schreiberling auch ein Auge auf die blonde Berta geworfen hat...

                              In dieser garstigen Horrorkomödie von Guido ZURLI kann ACADEMY AWARD Nominee Victor BUONO (im Jahre 1963 wurde er für seine Nebenrolle in WAS GESCHAH WIRKLICH MIT BABY JANE? nominiert) ganz groß aufspielen. Die Außendrehs des Films fanden in Wien statt, was für wunderschöne Bilder sorgt. Franca POLESELLO und Brad HARRIS können so im kaiserlich geprägten Wien lustwandeln. Die Handlung des von Dick RANDALL produzierten Films ist zwar durchaus garstig, das Grauen findet aber vor allem im eigenen Kopf statt. Das macht den Streifen zu einer charmant-vergnüglichen Gruselfilm-Perle. Sehr sehenswert!

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                                ZeddaZogenau 29.04.2024, 14:58 Geändert 29.04.2024, 15:02

                                Nach der Novelle des schweizerischen Schriftstellers Conrad Ferdinand MEYER (1825 - 1898) erzählt Regisseur Rolf HANSEN eine unerhörte Begebenheit aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Die junge Gustl (Liselotte PULVER) lebt als Vollwaise bei ihrem Onkel (Hans NIELSEN), der der Bürgermeister von Nürnberg ist. Als glühende Verehrerin des schwedischen Königs Gustav Adolf (Curd JÜRGENS) nutzt sie die Chance und wird anstelle des überängstlichen Bürgermeistersohns (Eddi ARENT) zum Pagen des erfolgreichen Kriegsherrn. Dazu muss sie sich natürlich als Mann ausgeben. Nach DAS WIRTSHAUS IM SPESSART (1958) also erneut eine "Hosenrolle" für die burschikose Liselotte PULVER. Aber nicht nur die Gustl zugeteilte Mätresse Korinna (Ellen SCHWIERS) kommt bald hinter das Geheimnis des jungen Pagen. Auch die zahlreichen Feinde des schwedischen Königs wittern alsbald ihre Chance...

                                Wunderschöne Bilder aus dem pittoresken Rothenburg ob der Tauber und eine bewährte Literaturverfilmung! Das kann doch eigentlich nicht schiefgehen! Die Chemie zwischen Lilo PULVER und BAFTA AWARD Nominee Curd JÜRGENS (im Jahre 1959 war er für DIE HERBERGE ZUR SECHSTEN GLÜCKSELIGKEIT mit Ingrid BERGMAN nominiert) funktioniert einfach nicht. Auch an den westdeutschen Kinokassen kam der Streifen nicht so gut an. Lediglich 1.218.000 Besucher wollten den wohl inzwischen schon als zu altmodisch empfundenen Film sehen. Bei einem damaligen Durchschnittseintritt von EUR 0,74 (Quelle: InsideKino) macht das ein BOX OFFICE von umgerechnet nur 901.320 EURO.

                                Für Liselotte PULVER, einem der Superstars der westdeutschen Filmindustrie, war zudem ärgerlich, dass sie wegen der Verpflichtungen für GUSTAV ADOLFS PAGE gleich zwei lukrative Angebote absagen musste: Als Esther (die spielte dann die israelische Schauspielerin Haya HARAREET) hätte man sie in der MGM-Produktion BEN-HUR sehen können und als weibliche Hauptrolle (die übernahm Sophia LOREN) in EL CID! PULVER mag aber versöhnt haben, dass sie bei GUSTAV ADOLFS PAGE ihren langjährigen Ehemann Helmut SCHMID kennengelernt hat, der neben Walter REYER und Gabriele REISMÜLLER zur weiteren Besetzung gehörte.

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                                  ZeddaZogenau 28.04.2024, 08:53 Geändert 28.04.2024, 09:13
                                  über Engel

                                  Nur einmal in ihrer langen Hollywood-Karriere hat ACADEMY AWARD Nominee Marlene DIETRICH (im Jahre 1931 war sie für ihre Rolle in MAROKKO nominiert) mit dem Regisseur Ernst LUBITSCH (1892 - 1947) zusammengearbeitet.

                                  In ENGEL aus dem Jahre 1937 spielt Marlene DIETRICH eine Frau aus der gehobenen Gesellschaft namens Maria Barker, die eine glückliche Ehe mit dem einflussreichen Politiker Sir Frederick Barker (Herbert MARSHALL) führt. Dumm ist nur, dass der Gatte so oft zum Völkerbund nach Genf reisen muss, um dort wichtige Verhandlungen zu führen. Allein in London langweilt sich Maria etwas, so dass sie zu einem Wochenend-Ausflug nach Paris aufbricht. Im Salon der aus der Sowjetunion geflohenen Großfürstin Anna (Laura Hope CREWS) lernt sie den charmanten Anthony (Melvyn DOUGLAS) kennen, dem sie aber nicht ihren wahren Namen verrät. Für ihn ist sie einfach ein Engel, Angel eben! Zurück in London kommt es, wie es kommen muss: Es stellt sich heraus, dass sich Frederick und Anthony aus dem Ersten Weltkrieg kennen und fast so etwas wie alte Freunde sind. Kann Maria den Pariser Flirt vor ihrem Ehemann verbergen? Und für welchen der beiden Männer wird sich die vernachlässigte Vorzeige-Ehefrau entscheiden? Fragen über Fragen...

                                  Nach dem Stück ANGYAL des ungarischen Schriftstellers Melchior LENGYEL (hat auch die Vorlage für NINOTSCHKA mit Greta GARBO geliefert) und mit Musik des deutschen Komponisten Friedrich HOLLAENDER (1896 - 1976)! Dieser Film ist sicherlich nicht der beste Streifen von ACADEMY AWARD (h.c.) Winner Ernst LUBITSCH (wenige Monate vor seinem Tod im Jahre 1947 bekam er den Ehren-OSCAR), das Ganze ist aber sehr geistreich und elegant in Szene gesetzt. Lubitsch-Touch eben!

                                  Der Schauspieler Melvyn DOUGLAS (1901 - 1981) kam im fortgeschrittenen Alter noch zweimal zu OSCAR-Ehren. Im Jahre 1964 (DER WILDESTE UNTER TAUSEND) und in 1980 (WILLKOMMEN, Mr. CHANCE) wurde er jeweils mit einem ACADEMY AWARD ausgezeichnet. Eine zusätzliche Nominierung erhielt er noch im Jahre 1971 für KEIN LIED FÜR MEINEN VATER. Eine Hollywood-Karriere über nahezu fünf Jahrzehnte hinweg! Respekt!

                                  Für Marlene DIETRICH (1901 - 1992) endete mit diesem Film ihr in Hollywood üblicher Sieben-Jahres-Vertrag mit dem Major-Studio PARAMOUNT PICTURES. Da sie inzwischen als "Kassengift" galt, wurde der Vertrag nicht verlängert. Erst durch eine Nebenrolle im Western DER GROSSE BLUFF zwei Jahre später konnte sich DIETRICH wieder in die erste Reihe der Hollywood-Stars zurückspielen. Vermutlich wollte das Publikum Marlene DIETRICH auch eher als halbseidenen Tingeltangel-Star sehen und eben nicht als feine Dame.

                                  Auf jeden Fall ist diese einzige Zusammenarbeit von DIETRICH und LUBITSCH unbedingt sehenswert. Einen ENGEL kann man schließlich immer gebrauchen.

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                                  • ZeddaZogenau 27.04.2024, 17:17 Geändert 27.04.2024, 17:33

                                    Der sehr sehenswerte Psycho-Schocker FLÜSTERNDE SCHATTEN / CHASE A CROOKED SHADOW mit Anne BAXTER und Richard TODD hat es auf eine völlig verdiente 7,1 geschafft. Der Film ist sehr empfehlenswert! (27.04.2024)

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                                      Anfang der 1990er Jahre gab es nur einen Regisseur, der es schaffte, mit ernsthaften deutschsprachigen Filmen ein Millionenpublikum ins Kino zu locken: Joseph VILSMAIER (1939 - 2020). Nach seinen beiden Kassenerfolgen HERBSTMILCH (1988) und RAMA DAMA (1991) schien der Zeitpunkt für so ein ambitioniertes Werk wie STALINGRAD gekommen zu sein. Produziert wurde der aufwändige Streifen von Hanno HUTH (SENATOR FILM) und Günter ROHRBACH (BAVARIA FILMKUNST). Seit HUNDE, WOLLT IHR EWIG LEBEN? (1958) hatte es keinen deutschsprachigen Spielfilm über die verheerende Schlacht um Stalingrad mehr gegeben.

                                      Der inzwischen zum Weltstar aufgestiegene Thomas KRETSCHMANN (KING KONG / INDIANA JONES UND DAS RAD DES SCHICKSALS) spielt einen ehrgeizigen Leutnant namens Hans von Witzland. Gemeinsam mit Soldaten aus seiner Einheit (Dominique HORWITZ, Jochen NICKEL, Sebastian RUDOLPH und Sylvester GROTH) verschlägt es ihn in die furchtbare Szenerie in und um Stalingrad, die mit furchtbaren und eindrücklichen Bildern quasi aus der Hölle des Krieges bebildert wird. Da merkt man ganz deutlich, dass Joseph VILSMAIER ursprünglich von der Kameraführung gekommen ist. Die Bilder des Grauens, die VILSMAIER liefert, sind ganz sicher nichts für zartbesaitete Gemüter! Diese Szenen sind unter Mitwirkung des Prager Studios BARRANDOV entstanden, das 30 Jahre später auch maßgeblich an dem mit vier ACADEMY AWARDs ausgezeichneten deutschen Film IM WESTEN NICHTS NEUES (2022) beteiligt war.
                                      In weiteren Rollen agieren Mark KUHN (REGINA AUF DEN STUFEN) und Martin BENRATH (1926 -2000). BENRATH spielt einen General, der wider besseres Wissen Durchhalteparolen brüllt. Eine besonders eindrückliche Rolle hatte der Schauspieler im Jahre 1965, als er neben dem zweifachen ACADEMY AWARD Winner Marlon BRANDO und ACADEMY AWARD Winner Yul BRYNNER in MORITURI von ACADEMY AWARD Nominee Bernhard WICKI spielen konnte.
                                      Eine kleine Rolle als Sowjetrussin Irina (in HUNDE, WOLLT IHR EWIG LEBEN? hatte Sonja ZIEMANN einen ähnlichen Part) hat VILSMAIERs Ehefrau Dana VAVROVA (1967 - 2009), die schon als Rotkäppchen in der legendären tschechischen Serie DIE MÄRCHENBRAUT (1979) glänzen konnte.

                                      Im Kinojahr 1993 hat der Film 1.321.000 Besucher in die deutschen Kinos gelockt. Bei einem damaligen Durchschnittspreis von umgerechnet EUR 4,58 (Quelle: InsideKino) entspricht das einem BOX OFFICE von 6.050.180 EURO.
                                      Der Film ist auch nach 30 Jahren noch unbedingt sehenswert!

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                                        ZeddaZogenau 27.04.2024, 10:18 Geändert 27.04.2024, 14:25

                                        Alles fing wohl damit an, dass der deutsche Regisseur Wim WENDERS (GOLDENE PALME 1984 für PARIS, TEXAS) einen Dokumentarfilm über die besonders kunstvollen Toilettenanlagen im Tokioter Stadtteil Shibuya drehen wollte. Dieses Vorhaben zerschlug sich, da es dem Meisterregisseur als Filmstoff ohne Fiktionalisierung nicht ergiebig genug erschien. Kluge Entscheidung!

                                        Der schon etwas ältere Herr Hirayama (Koji YAKUSHO) lebt zurückgezogen im etwas ärmlichen Stadtteil am Sumida-Fluss und ist als Toilettenmann für die wirklich sehenswerten Toiletten im Nobel-Viertel Shibuya zuständig. Mit großer Hingabe und akribischer Genauigkeit reinigt dieser schweigsame Mann jeden Tag die zahlreichen WC-Anlagen. Sein ganzes Leben folgt dabei einer eingeübten Routine, die dem Mann erkennbar Kraft verleiht und Freude bereitet. Über allem thront der weithin sichtbare Sky Tree, der in diversen Farben zu funkeln vermag. Doch auch ein so zurückhaltender Mann wie Herr Hirayama hat eine Vergangenheit und Menschen, die ihm aufrichtig zugetan sind...

                                        Dem inzwischen vierfachen ACADEMY AWARD Nominee Wim WENDERS (im Jahre 2000 (BUENA VISTA SOCIAL CLUB), 2012 (PINA), 2015 (DAS SALZ DER ERDE) und eben 2024 für PERFECT DAYS war er nominiert) ist mit diesem wunderschönen Film (die Kamerabilder stammen wieder von Franz LUSTIG aus Freiburg im Breisgau) ein stilles Meisterwerk gelungen. Als Publikum verfolgen wir das Alltagsleben eines Einzelgängers in der noch größten Megacity auf dem Erdkreis. Herr Hirayama ist zwar viel allein, aber er hat einen Sinn für die Schönheiten des Lebens, der sich auf die Zusehenden zu übertragen vermag. Koji YAKUSHO, der vor Kurzem erst in der NETFLIX-Serie THE DAYS über das grauenvolle Reaktorunglück von Fukushima die Hauptrolle gespielt hat, gelingt das wunderbare Porträt eines vom Leben zwar gezeichneten Mannes, der aber seine innere Mitte gefunden hat und daher keineswegs unglücklich ist. Zu Recht wurde der japanische Schauspieler im Jahre 2023 bei den Filmfestspielen von Cannes mit der Silbernen Palme geehrt.

                                        Wie ist es möglich, dass ein so ruhiger Film ohne aktionsgeladene Höhepunkte an den Kinokassen weltweit (BOX OFFICE laut IMDb, Stand: 27.04.2024: 24, 1 Mio. USD) so erfolgreich ist? Vermutlich liegt es daran, dass das Publikum die Geschichte eines Mannes, der sich ganz bewusst für ein Weiterleben im analogen Zeitalter entschieden hat, obwohl doch gerade Tokio sicherlich ein Hotspot des digitalisierten Lebens ist, sehr gut nachempfinden kann. Statt Musik zu streamen, pflegt Herr Hirayama seine inzwischen durchaus wertvolle Sammlung von Musik-Kassetten. Und das Lesen von Autoren wie Patricia HIGHSMITH und dem Literaturnobelpreisträger William FAULKNER ist für die jüngeren Generationen ja auch schwer aus der Mode gekommen.

                                        In einer sehr lustigen Szene in einem Kassetten-Vintage-Laden im Moloch Tokio ist der Regisseur Wim WENDERS in einem schönen Cameo-Auftritt als stöbernder Kunde zu sehen. Mögen ihm noch zahlreiche solcher Alterswerke beschieden sein!

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                                          ZeddaZogenau 22.04.2024, 18:54 Geändert 22.04.2024, 19:02

                                          Das Jahr 1956 markiert den Höhepunkt der westdeutschen Filmindustrie. Mehr als 800 Millionen Besucher konnten in den westdeutschen Kinos begrüßt werden. 264 Millionen Tickets wurden allein für deutschsprachige Kinofilme gelöst. Ein solches Erfolgsjahr hat das deutsche Kino seitdem nicht mehr erlebt. Der Film des Jahres war dabei DER HAUPTMANN VON KÖPENICK mit Heinz RÜHMANN (1902 - 1994) in der Titelrolle. Bei den Filmfestspielen von Venedig war der Film von Helmut KÄUTNER für den GOLDENEN LÖWEN nominiert. Im Jahr darauf gab es sogar eine ACADEMY AWARD Nominierung. In West-Deutschland sahen 14.445.000 Besucher den Film im Kino, was einem Box Office von umgerechnet EUR 8.667.000 entspricht. Ein gigantischer Erfolg!

                                          Das Theaterstück von Carl ZUCKMAYER (Premiere: 05.03.1931) traf in seiner tragischen Zuspitzung der deutschen Autoritätshörigkeit und Militärbegeisterung den Nerv des Publikums. GERMAN FILM AWARD Preisträger Heinz RÜHMANN (seinen zweiten Filmpreis erhielt er im Jahre 1961 für DAS SCHWARZE SCHAF) spielte als Schuster Wilhelm Voigt eine der Rollen seines Schauspielerlebens. Als kleiner Mann, der mit dem Gesetz in Konflikt gerät, sich einer Uniform bemächtigt und kurzerhand das Rathaus von Köpenick besetzt, spielte sich RÜHMANN nach seiner Verstrickung in das NS-Kino in das Herz des deutschsprachigen Publikums zurück.
                                          In weiteren Rollen glänzen GERMAN FILM AWARD Preisträger Martin HELD (im Jahre 1955 für CANARIS ausgezeichnet), Hannelore SCHROTH, GERMAN FILM AWARD Preisträger Walter GILLER (1960 für ROSEN FÜR DEN STAATSANWALT und 1962 für ZWEI UNTER MILLIONEN ausgezeichnet), Maria SEBALDT und Siegfried LOWITZ.
                                          Einen besonders tragischen Auftritt hat die wunderbare Berliner Schauspielerin Edith HANCKE (1928 - 2015) in einer ihrer ersten Filmrollen als tuberkulosekrankes Mädchen Lieschen, das von Schuster Voigt getröstet wird.
                                          In Köpenick, das zur Zeit der Dreharbeiten zu Ost-Berlin gehörte, konnte selbstredend nicht gedreht werden. Stattdessen fand man Motive in und um Hamburg.

                                          Ein unsterblicher Klassiker der westdeutschen Filmindustrie! Unbedingt sehenswert!

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                                            ZeddaZogenau 20.04.2024, 17:00 Geändert 20.04.2024, 17:03

                                            In den Jahren ab 1968 befanden sich die großen Hollywood-Studios im Umbruch. Die üblichen Großproduktionen funktionierten an den Kinokassen nicht mehr. Die Gesellschaft befand sich im Aufbruch, alte Gewissheiten lösten sich auf. So kam es, dass Filme mit einer gruseligen Antichrist-Thematik zu Mainstream-Kassenerfolgen werden konnten. ROSEMARIEs BABY (1968) von den PARAMOUNT PICTURES, DER EXORZIST (1973) von den WARNER BROTHERS und DAS OMEN (1976) von der TWENTIETH CENTURY FOX liefen weltweit erfolgreich im Kino und sorgten für manche Schreckmomente.

                                            Inzwischen gehört TWENTIETH CENTURY FOX zum DISNEY-Konzern, und da liegt es doch nahe, alte Erfolgsmodelle in einer Zeit der neuen Unübersichtlichkeit wiederzubeleben. War der Teufelsbraten Damien in DAS OMEN schon längst bei seinen Pflegeeltern (Gregory PECK und Lee REMICK) untergekrochen, klärt uns DAS ERSTE OMEN nun endlich darüber auf, was kurz vor der Geburt des Schakalsohnes in der Heiligen Stadt Rom tatsächlich geschehen ist. Die junge Margaret (Nell Tiger FREE) kommt aus Amerika nach Rom, um endgültig ihr Gelübde abzulegen. Doch bei den Ordensschwestern um Schwester Silva (Sonia BRAGA) passieren sehr merkwürdige Dinge, die Margaret dazu bewegen, Nachforschungen anzustellen. Dabei kommt Ungeheuerliches ans Licht...

                                            Diese Vorgeschichte hat es in sich. Man lasse sich bloß nicht von den lichtdurchfluteten Bildern aus der Stadt Rom täuschen. In ausgesuchten Szenen wird den drei oben genannten Grusel-Klassikern aus der Hochzeit des Antichristen-Kinos gehuldigt. Da spielen Glasfenster, Nebelschwaden (und das in Rom!!!), schwarze Messen und Körper-Horror eine ganz große Rolle. In weiteren Rollen sind Ralph INESON und ACADEMY AWARD nominee Bill NIGHY (im Jahre 2023 war er für LIVING nominiert) zu sehen. Die Auftritte von Charles DANCE und Andrea ARCANGELI werden dem geneigten Publikum besonders im Gedächtnis bleiben.
                                            Und auch die Musik kann sich hören lassen. Neben den Originalklängen von Jerry GOLDSMITH sorgen vor allem die Canzonen von Raffaella CARRA (DOMANI und RUMORE) für typisch italienisches Flair.
                                            Die Inszenierung von Arkasha STEVENSON ist durchaus beeindruckend. Manchmal bleibt die Leinwand für einen Moment einfach schwarz, so dass auch für den fiesen Einsatz von K.O.-Tropfen ein entsprechendes Filmbild gefunden wird.

                                            Ja, diese Vorgeschichte zu DAS OMEN ist überaus gelungen. Da hätte sich auch Gregory PECK, der auf einem Foto kurz zu sehen ist, sicher gefreut.

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                                              ZeddaZogenau 13.04.2024, 13:00 Geändert 13.04.2024, 13:10

                                              Klatsch und Tratsch interessieren Menschen auf der ganzen Welt. Besonders dann, wenn es um Mitglieder des englischen Königshauses geht. Die Interviews, die Prinzessin Diana und ihr damaliger Ehemann und jetziger König Charles III. in den 1990er Jahren mit der BBC geführt haben, sind legendär.

                                              Im Jahre 2019 kam der Skandal um den Wall-Street-Millionär Jeffrey Epstein heraus, der quasi eine Orgien-Insel für Prominente ermöglicht hatte. Der Herzog von York, auch bekannt als Prinz Andrew, galt als langjähriger Freund von Epstein, dem auch Ausflüge auf die Orgien-Insel nachgesagt wurden. Die Vorwürfe und Nachfragen dazu wurden immer intensiver. Und dann das Unerwartete: Im November 2019 lud der Bruder des jetzigen Königs Charles III. ein Drehteam der BBC-Sendung NEWSNIGHT (wohl vergleichbar mit den TAGESTHEMEN des deutschen Senders ARD) zum Gespräch in den Buckingham Palace ein. Was dann passierte, sollte man selbst auf sich wirken lassen...

                                              Was kann so ein Film leisten? Wozu brauchen wir ihn als Publikum? Interessant ist auf jeden Fall, wie sehr sich eine öffentlich-rechtliche Institution wie die BBC mit einem Hauch von Verzweiflung um Aufmerksamkeit und gegen den drohenden Bedeutungsverlust durch die Konkurrenz der sozialen Medien kämpfen muss. Da braucht es schon eine boulevard-affine Journalistin (Billie PIPER), die als Produzentin solche Kontakte ("Sie ist schon sehr DAILY MAIL!") klarmachen kann. Und eine eisblonde TV-Moderatorin (Gillian ANDERSON), die noch niemand beim Essen gesehen hat, kann da auch nicht schaden. Dem früher als "Randy Andy" bekannten Herzog fällt denn auch gleich auf, dass die Interviewerin ihre schönen Beine in einem Hosenanzug verbirgt. Prinz Andrew wird von Rufus SEWELL (THE MAN IN THE HIGH CASTLE) gespielt, und der bekannte Schauspieler verschmilzt beinahe in seiner Maskierung als Adelsspross. Das ist schauspielerisch sehr beeindruckend, wiederholt aber lediglich, wie sich Prinz Andrew im Jahre 2019 selbst demaskiert hat. An die gefährlichen Gelüste der Mächtigen auf diese Weise zu erinnern, ist sicherlich nicht völlig verkehrt, aber ein herausragender Film entsteht so nicht. Da war FROST / NIXON vor einigen Jahren doch um einiges erhellender.

                                              Der Film erinnert daran, dass auch weltbekannte Prominente sich nicht alles erlauben können, ohne eine öffentliche Bloßstellung befürchten zu müssen. Die Gegenwehr läuft allerdings auch schon. Wenn alles als Fake-News gebrandmarkt werden kann, dann können sich auch die tatsächlichen Verbrecher mit einem ausreichenden Geldpolster wieder etwas sicherer fühlen. Insofern hat ein Film wie SCOOP durchaus einen Zweck, unter filmischen Gesichtspunkten braucht das Publikum so etwas nicht. Da sollte man sich lieber noch einmal das Original-Interview auf YOUTUBE ansehen.

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                                                ZeddaZogenau 12.04.2024, 18:53 Geändert 13.04.2024, 09:03
                                                über Ripley

                                                Mit ihrem Tom Ripley hat die amerikanische Schriftstellerin Patricia HIGHSMITH einen "Mann ohne Eigenschaften" für die Nachkriegszeit geschaffen. Zwei grandiose Verfilmungen ihres großartigen Romans von 1955 gibt es bereits: NUR DIE SONNE WAR ZEUGE (1959) mit Alain DELON (und Romy SCHNEIDER in einem Cameo-Auftritt) und DER TALENTIERTE MR. RIPLEY (1999) mit Matt DAMON. Braucht es da noch eine Serie? Und dann auch noch in Schwarz-Weiß-Bildern?

                                                Trotz aller Skepsis im Vorhinein hat Steven ZAILLIAN mit Andrew SCOTT als Tom Ripley etwas Meisterhaftes geschaffen, das hoffentlich in der Verfilmung der vier noch folgenden Tom-Ripley-Romane der großen Meisterin Patricia HIGHSMITH seine Fortsetzung finden wird. Selbst wer die Geschichte aus dem Roman selbst oder den beiden genannten Verfilmungen schon kennen sollte, wird sehr schnell in den Bann dieser ruhigen und klaren Bilder gezogen. Die Folgen 3 und 5 sind gerade wegen der in Ruhe gefilmten Aktionsexplosionen besonders eindrücklich.
                                                Statt in der Mitte der 1950er Jahre ist die Handlung auf Anfang der 1960er Jahre verlegt worden, was man an den ersten Hits der phantastischen italienischen Sängerin Mina hören kann. Auch die Liebe zur Kunst im Allgemeinen und zu Caravaggio im Besonderen kann so noch besser verdeutlicht werden.

                                                War die Verfilmung mit Alain DELON noch mit einem allzu moralischen Ende zumindest etwas verunstaltet worden, konnte Matt DAMON vierzig Jahre später die homoerotische Komponente der Handlung stärker betonen. Das ist auch in der Serie von NETFLIX durchaus vorhanden, der von Andrew SCOTT gespielte Ripley ist aber auch einfach ein gewiefter Trickbetrüger, dem es vor allem um die lockenden Reichtümer und das damit verbundene schöne Leben geht. Das kommt auch der Intention von Patricia HIGHSMITH sicherlich entgegen. Tom Ripley ist das, was andere Menschen in ihm sehen wollen. Ob er dafür hetero- oder homosexuell sein muss, ist ihm selbst ziemlich egal. Hauptsache, er kann seine Vorhaben reibungslos durchsetzen.

                                                In Nebenrollen sind Louis HOFMANN und John MALKOVICH zu sehen. Letzterer spielt eine Figur, die noch wichtiger im Tom-Ripley-Kosmos werden wird. Eine Fortsetzung ist also von den Machern fest eingeplant. Zu den Produzenten gehört mit DIOGENES ENTERTAINMENT auch eine Tochterfirma des DIOGENES Verlags aus Zürich, bei dem die deutschsprachigen Übersetzungen der Werke von Patricia HIGHSMITH erscheinen. Jetzt müssen nur noch die Sichtungszahlen für NETFLIX stimmen!

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                                                • Iris KNOBLOCH und Thierry FREMEAUX haben gerade die offizielle Auswahl für die 2024er Ausgabe der Filmfestspiele von Cannes bekanntgegeben.
                                                  Filmemacher aus dem deutschsprachigen Raum sind heuer wohl nicht dabei. Dafür sind aber zwei deutschsprachige Stars mit neuen Filmen vertreten. Diane KRUGER (Silberne Palme 2017 für AUS DEM NICHTS) ist in THE SHROUDS von David CRONENBERG dabei. Und Franz ROGOWSKI spielt in BIRD mit, dem neuen Film von Andrea ARNOLD.

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                                                    Alles fängt ganz idyllisch an: Es ist Sommer und damit Hochsaison am Wörthersee in Österreich. Maria Alsbacher (Sybille SCHMITZ) führt ein ausgebuchtes Luxushotel und kümmert sich liebevoll um ihre schon fast erwachsenen Kinder (Hardy KRÜGER, Gaby FEHLING) und ihren todkranken Ehemann (Albrecht SCHOENHALS). Zum erweiterten Familienkreis gehört aber seit Jahren schon Lydia Bauer (Hildegard KNEF) aus München, die bereits als Kind mit ihren Eltern Urlaub im Hotel gemacht hat. Trotz der schweren Krankheit des um einiges älteren Vaters ist die Stimmung heiter und ausgelassen.
                                                    Ein Sommer später sieht das schon anders aus. Der Vater und Ehemann ist inzwischen verstorben, und Maria Alsbacher geht es wie vielen Frauen nach dem Krieg. Sie ist in ihren mittleren Jahren, die Kinder sind groß, und sie ist allein. Soll sie für den Rest ihres Lebens Witwe sein? Nein, sie ist mit dem windigen Sänger Monsieur Gidou (Maurice TEYNAC) zusammen, von dem Lydia und Marias Kinder ganz genau wissen, was für ein Filou der Schwerenöter ist. Paul und Lydia setzten alles daran, die drohende Hochzeit von Maria und dem windigen Gidou zu verhindern. Doch dabei gibt es mehr als nur eine Schwierigkeit...

                                                    ILLUSION IN MOLL von Rudolf JUGERT, der von GOLDEN-GLOBE-Gewinner Erich POMMER (im Jahre 1956 wurde er für KINDER, MÜTTER UND EIN GENERAL ausgezeichnet) produziert wurde, ist ein sehr interessantes Beispiel aus der gewaltigen Produktion der westdeutschen Filmindustrie jener Jahre. Ein Unterhaltungsfilm und ein Melodrama zugleich! Mit diesem unerwarteten melodramatischen Ernst knüpft der Film an die UFA-Melodramen eines Detlef SIERCK mit Zarah LEANDER an und bedient damit ein fast schon ureigenes Genre des deutschsprachigen Films. Es gibt aber auch Unterschiede. In Hollywood inzwischen als Douglas SIRK bekannt, lässt der deutschstämmige Melodramen-Spezialist durchaus ein Happy End einer älteren Frau mit einem jüngeren Mann zu, wie man an den gleichzeitig entstandenen Filmen mit ACADEMY AWARD winner Jane WYMAN und ACADEMY AWARD nominee Rock HUDSON sehen kann.

                                                    Dem westdeutschen Publikum der 1950er Jahre konnte man so etwas wohl noch nicht zumuten. Hier musste eine ältere Frau und Familienmutter auf einen jüngeren Hallodri hereinfallen. Das ist schade! Zumal UFA-Star Sybille SCHMITZ (1909 - 1955) das grandios spielt. Kurz nach diesem Film muss die Schauspielerin (TITANIC, 1943) im wirklichen Leben in die fatale Abhängigkeit geraten sein, die Rainer Werner FASSBINDER in seinem Film DIE SEHNSUCHT DER VERONIKA VOSS (Goldener Bär 1982 bei den Filmfestspielen von Berlin) so treffend seziert hat. Auch in der westdeutschen Filmindustrie gab es natürlich die Schattenseiten, die wir inzwischen ja auch aus Hollywood zur Genüge kennen.

                                                    Die inzwischen schon als Weltstar etablierte Hildegard KNEF (ENTSCHEIDUNG VOR MORGENGRAUEN / SCHNEE AM KILIMANDSCHARO / KURIER NACH TRIEST) und der zukünftige Weltstar Hardy KRÜGER (GOLDEN GLOBE nominee 1966 für DER FLUG DES PHOENIX) harmonieren prächtig miteinander und lassen hinter der strahlend-jungen Oberfläche komplexe Charaktere erkennen. Hildegard KNEF singt denn auch mit ILLUSIONEN und DU BIST WUNDERBAR (im Duett mit Maurice TEYNAC) zwei wunderschöne Lieder. Zwei Jahre später sollte die KNEF als Hildegarde NEFF im NINOTSCHKA-Musical SILK STOCKINGS am New Yorker Broadway reüssieren und ihren Status als Weltstar weiter verfestigen.

                                                    Gedreht wurde der Film am Wörthersee und in den Filmstudios der BAVARIA in München. In weiteren Rollen sind GERMAN FILM AWARD winner Nadja TILLER (im Jahre 1960 wurde sie für LABYRINTH ausgezeichnet)), Lina CARSTENS und Robert GRAF (der Vater von Regisseur Dominik GRAF) zu sehen.
                                                    Die französische Version der beiden von KNEF eingesungenen Lieder hat übrigens die schweizerische Sängerin Lys ASSIA gesungen. Im Jahre 1956 sollte Lys ASSIA den allerersten EUROVISION Song Contest in Lugano gewinnen.

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