Machismo beim Film Festival in San Sebastián

03.10.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Bitching & Witching: Die Frau, das unheimliche Wesen
Film Festival San Sebastian
Bitching & Witching: Die Frau, das unheimliche Wesen
3
3
Das Film Festival in San Sebastián gab mir Gelegenheit, mal einen genaueren Blick auf die Frauenfiguren im spanischen Kino zu werfen. Gar nicht so einfach, denn Frauenpower ist im spanischen Machismo scheinbar nicht angesagt.

Eine meiner vielen Festivalreisen dieses Jahr führte mich kürzlich nach San Sebastián im Norden Spaniens. Das Festival zeichnet sich in meinen Augen unter anderem dadurch aus, dass es dem lokalen Kino viel Platz einräumt, ein wirklich erfreulicher Aspekt der Veranstaltung, da ich bislang nur wenig Gelegenheit gehabt habe, mich mit dem spanischen Film zu befassen. Denn mal ehrlich, abgesehen von Pedro Almodóvar bekommen wir hierzulande davon nur wenig mit. Weniger erfreulich gestaltete sich schließlich die Erkenntnis, dass das spanische Kino in Hinblick auf seine Leinwanddamen irgendwo im frühen 20. Jahrhundert zu verorten ist: Machismo wohin das Auge reicht. Starke Frauenfiguren suchte ich indes vergeblich. Und wenn doch mal eine Dame den Ton angab, dann handelte es sich um eine furchteinflößende Hexe. Haben die Spanier Angst vor starken Frauen?

Kinderfilm – Weil Mädchen lieb und Jungs böse sind
Der Kinderfilm Zipi y Zape y el club de la canica basiert auf einem populären Comic, das sich leider meiner Kenntnis entzieht. Vorwissen ist jedoch nicht notwendig, um die recht traditionelle Abenteuergeschichte über zwei Lausbuben in einem Sommercamp für schwer Erziehbare zu verstehen. Der Film, dessen letztes Drittel um eine Schatzsuche kreist, lässt sich am einfachsten als spanische Version von Die Goonies beschreiben, in der die Spuren der Franco-Vergangenheit in den übertrieben strengen Regeln des Erziehungscamps deutlich sichtbar sind.

Ohne jetzt detaillierter auf den Kinderfilmklassiker von Richard Donner einzugehen und Vergleiche zwischen dem spanischen und US-amerikanischen Kino anzuführen, möchte ich direkt auf das Geschlechterungleichgewicht in Zipi y Zape y el club de la canica zu sprechen kommen. Es versteht sich von selbst, dass in diesem Camp ausschließlich Jungen zu „nützlichen Mitgliedern unserer Gesellschaft“ erzogen werden, denn Mädchen sind ja brav und gehorsam. Ebenso versteht es sich von selbst, dass das einzige Mädchen der Geschichte zum Love Interest der beiden Bengel wird. Denn dazu sind Frauen ja da: um sich mit Männern zu paaren. Matilde ist die adrette Nichte des diabolischen Direktors Falconetti (Javier Gutiérrez), diesem jedoch ebenfalls nicht sonderlich zugetan. Deshalb versucht sie – auf Grund ihres Geschlechts zunächst vergeblich – in die „Murmelgang“ von Zipi und Zape aufgenommen zu werden. Doch nachdem sie beweisen kann, dass auch Mädchen schlimme Streiche spielen können (wir wussten das ja schon vorher), darf sie endlich mitmachen. Als es dann schließlich ernst wird, bleiben die Jungen trotzdem die Helden der Geschichte.

Fazit: Alle tragenden Rollen sind mit Männern besetzt. Die Frau erfüllt lediglich die Funktion, vorübergehend einen dramatischen Keil zwischen die Hauptfiguren zu treiben.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News

Themen: