After Earth - Wie ein Mann erzogen wird

22.06.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Wil Smith erzieht seinen Sohn zu einem "echten" Mann
Sony
Wil Smith erzieht seinen Sohn zu einem "echten" Mann
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Scientology hin oder her: After Earth ist auch aus anderen Gründen zwiespältig. Versucht Will Smith hier autoritäre Erziehungsmethoden und ein antiquiertes Männerbild zurückzubringen?

Nachdem uns Will Smith und Jaden Smith in Das Streben nach Glück schon den amerikanischen Traum verkauft haben, versuchen sie es diesmal mit einer Botschaft, die entweder dem Erziehungsratgeber des Grauens oder dem Scientology-Handbuch für Anfänger und Fortgeschrittene entsprungen ist (wobei es hier sicher auch Schnittmengen gibt). Auf den ersten Blick ist After Earth einfach nur ein spannender postapokalyptischer Science Fiction-Film. Doch wehe dem, der über diese Vater-Sohn-Geschichte etwas länger nachdenkt.

Der folgende Text enthält leichte Spoiler.

Jump’n Run mit Sohnemann
Die Prämisse von After Earth ist wohl auch jenen bekannt, die den Film noch nicht gesehen haben. Will Smith alias Cypher Raige stürzt mit seinem Sohn Jaden, hier Kitai genannt, mit dem Raumschiff auf einem Planeten ab, der sich etwa 30 Minuten nach Filmbeginn als Erde herausstellt (was wir aber eh schon wissen, da uns der Trailer unnötiger Weise gespoilert hat). Da Daddy mit zwei gebrochenen Beinen an das Wrack gefesselt ist, muss sich der Sohn, der gerade noch durch seine militärische Ausbildung gerasselt ist, alleine zum Heck des Schiffes durchschlagen, um nach Hilfe zu funken. Aber keine Sorge, denn Daddy ist ja bei ihm. Kitais vollautomatischer Anzug, der alles kann, außer ihn vor Kälte zu schützen, enthält so viele Kameras und Kommunikationskanäle, dass Cypher seinem Sohn näher ist als jemals zuvor. Selbst den Herzschlag von Kitai kann er am Bildschirm ablesen. Derart intime Einblicke in die Seele seines Kindes hat der empathieamputierte Vater bis dato noch nie erlangt. Gleichzeitig fühlt sich Cyphers Perspektive jedoch unangenehm nach einem Computerspiel an, in dem sein Sohn als Avatar funktioniert.

Schon dieses Setting hat etwas Perverses. Da sitzt dieser militärische Vater inmitten seines eigenen Todeskampfes und hetzt seinen Sohn im Befehlston durch eine Welt, die nur so vor feindlich gesinnten Kreaturen strotzt. „Knie Dich hin“, „Mach was ich Dir sage und wir werden überleben“. Uns wundert es nicht sonderlich, dass Kitai den emotionslosen Aufforderungen seines Vaters nicht immer nachkommt. Doch Cypher versteht nicht, dass sein Sohn vielleicht eine gefühlvollere Ansprache in dieser Extremsituation braucht. Wenn er sein Leben riskieren wolle, so der Vater, könne Kitai das ja tun, das dann doch aber bitte ohne ihn. Womit er im Subtext sagt, dass ihm der Tod seines Kindes eigentlich am Allerwertesten vorbei geht.

So ist es natürlich nicht und wenn Kitai durch den Angriff eines Killerblutegels das Bewusstsein verliert, geht Cypher wahrhaftig vorübergehend von der Bezeichnung „Kadett“ zu „Sohn“ über. Doch das Autoritätsverhältnis bleibt bestehen. Cypher ist die innere Stimme im Kopf seines Sohnes. Er kontrolliert jede seiner Bewegungen, entlarvt jede Lüge, er überschreitet permanent die körperlichen und emotionalen Grenzen des Kindes. Selbstständiges Denken ist hier unerwünscht. Glücklicherweise befreit sich Kitai später vorübergehend von dieser Fremdbestimmung, jedoch leider nur um sich schließlich aus eigenem Antrieb in genau die Muster zu fügen, die sein Vater ihm eingeflüstert hat. Indoktrination erfolgreich.

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